Montag, 2. Januar 2012

Über ein absurdes Buch

Lesefaul zu sein, ist wohl ein unverzeihlicher Fehler wenn man Philosophie studiert. Nur gut, dass es da manchmal so schöne Sammlungen mit kurzen Poträts zu bekannten Philosophen gibt. Das dachte ich jedenfalls. Da mein Vater solcherlei Werke besitzt, habe ich vor ein paar Tagen in seinem Bürö gestöbert und siehe da: "Die philosophische Hintertreppe- 34 große Philosophen im Alltag und Denken". Ich erinnerte mich noch vage, schon mal reingelesen und es recht interessant gefunden zu haben und so machte ich mich daran es zu lesen. Der Autor ist ein gewisser Prof. Dr. Weischedel, was ja durchaus für seine Befähigung sprechen könnte, ein solches Buch zu verfassen. Aber Fehlanzeige! Erstens ist er brutal wertend und meistens erkennt man schon am ersten Satz zu einem Philosophen, ob er diesen gut findet oder nicht. Dementsprechend ernsthaft wird dann sein Werk dargestellt. Zweitens sind die Artikel zum jeweiligen Philosophen meistens nur 7 Seiten lang, wobei 4 Seiten für Leben und Alltag des Philosophen verwendet werden. Allerdings nicht im Zusammenhang zum Werk, der ja durchaus oft wichtig zum Verständnis und zur Interpretation sein kann (z.B. Descartes Streitigkeiten mit der Kirche), sondern Weischedel beschreibt völlig aus der Luft gegriffene Szenerien, die vielleicht eine nette Nebenerwähnung wert wären aber nicht eine Ausbreitung über 3 Seiten. Die schönste und zugleich fast schon groteske soll nicht unerwähnt bleiben. Sie steht im Artikel über Jaques Rousseau: Das entscheidene Erlebnis sind die Schläge, die er als Knabe von seiner Erzieherin erhält und die ihm das Geschlagenwerden für sein ganzes Leben zur höchsten Lust machen (...). Auch von seinem lebenslagen Hang zur Onanie und seiner Neigung zum Exhibitionismus (...) berichtet er (S.161). Natürlich muss man schmunzeln und ich bin selbst kein Mann der Traurigkeit, aber wie das helfen soll, Rousseaus Werk, das ja beachtlich und sehr einflussreich für das Wesen der westlichen Demokratie ist (Stichwort: Volkssouveränität), zu verstehen, erscheint mir nicht. Hintertreppe ist ein viel zu hochgestochener Begriff für dieses Buch. Da bleib ich doch lieber am Boden des Nichtwissens als diese wacklige Hintertreppe ins Nirgendwo zu benutzen.
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Ein Bart macht noch lange keinen Philosophen

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